Der Asteroid (99942) Apophis

 

wurde nach dem ägyptischen „Gott des Chaos“ benannt.

Er kommt der Erde in den kommenden Jahrzehnten drei Mal sehr nah - doch bisher ging man davon aus, dass kein Asteroideneinschlag möglich ist.

Das hat sich nun geändert. (12.11.2020 Nasa)

Man befürchtete, dass der Asteroid Apophis für Chaos auf der Erde sorgen könnte. Berechnungen hatten ergeben, dass der Asteroid mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,7 Prozent im Jahr 2029 mit der Erde kollidiert.

Die Flugbahn (Orbit) von Asteroid Apophis hat sich verändert - Droht nun der Asteroideneinschlag 2068?

Nach Berechnungen konnten Astronomen zunächst eine Kollision des Asteroiden mit der Erde im Jahr 2029 ausschließen, auch ein Einschlag auf der Erde im Jahr 2036 oder 2068 wurde etwas später ausgeschlossen. Doch nun melden sich Forschende um den Astronomen Dave Tholen von der Universität von Hawaii zu Wort, die den Asteroiden Apophis 2004 entdeckt haben. Das Team hat Apophis an drei Nächten im Januar und einer Nacht im März 2020 erneut beobachtet und dabei etwas Überraschendes festgestellt: Der Asteroid befindet sich nicht mehr exakt dort, wo man erwartet hatte, ihn zu finden.

„Unsere Beobachtungen zeigen, dass der Asteroid von seinem rein gravitativen Orbit wegdriftet“, erklärt Tholen in einer Mitteilung der Universität von Hawaii. Um etwa 170 Meter pro Jahr verschiebt sich die Bahn von Asteroid Apophis nach Angaben der Forschenden. „Das ist genug, um das Einschlagszenario für 2068 weiter im Spiel zu halten“, betont Tholen weiter.

Schuld ist die Wärme der Sonne

Hinter der Bahnänderung des Asteroiden steckt der sogenannte „Jarkowski-Effekt“: Der Asteroid wird von der Sonne ungleichmäßig bestrahlt und dadurch ungleichmäßig erwärmt. Diese Wärme gibt der Asteroid Apophis wieder ans Weltall ab - und wird dadurch leicht beschleunigt. Bei Apophis macht dieser Effekt offenbar 170 Meter im Jahr aus - und die könnten entscheidend sein, dass man im Jahr 2068 einen Asteroiden-Einschlag befürchten muss.

Apophis kommt der Erde bereits in einigen Jahren sehr nahe: Am 13. April 2029 kommt Apophis näher an die Oberfläche der Erde heran als geostationäre Satelliten, die sich in einer Höhe von etwa 36.000 Kilometern befinden. Bis auf etwa 31.000 Kilometer wird sich der Asteroid Apophis der Erde nähern und dabei eine Geschwindigkeit von etwa 25.000 Kilometern pro Stunde haben. Er kann dann mit bloßem Auge gesehen werden - stellt jedoch keine Gefahr für die Erde oder die Satelliten dar. „Wir wissen seit einiger Zeit, dass ein Einschlag auf der Erde 2029 nicht möglich ist“, beruhigt Tholen, der Apophis seit 2004 genau beobachtet.

Das 25 Millionen Tonnen schwere und rund 370 Meter (Durchmesser) große Geschoss wird die Erde um etwa 30.000 Kilometer verfehlen. Für einen kurzen Moment wird es dem Planeten näher sein als die Fernsehsatelliten im geostationären Orbit.

Träfe der Brocken die Erde, würde er dank seiner Geschwindigkeit von etwa 45.000 Kilometern pro Stunde die Sprengkraft von 65.000 Hiroshima-Bomben entwickeln. Doch "Apophis" wird seinem Namen - dem des ägyptischen Gottes der Finsternis und Zerstörung - nach bisherigen Berechnungen wahrscheinlich nicht gerecht werden, zumindest nicht im Jahr 2029.

Nach den Berechnungen des Teams um Tholen dürfte die Forschung den Asteroiden Apophis bei seinem Vorbeiflug 2029 nun noch genauer beobachten. Denn auch der Vorbeiflug ist nicht ganz ohne: „Wir wissen, dass die nahe Begegnung mit der Erde den Kurs von Asteroid Apophis verändern wird“, erklärte der Astronom Davide Farnocchia vom Center für die Erforschung von erdnahen Objekten (CNEOS) vor einiger Zeit.

Es besteht eine Chance, dass "Apophis" bei seinem Vorbeiflug durch ein kleines, nur 600 Meter breites "Schlüsselloch" fliegt, wie Wissenschaftler der Nasa glauben. In diesem Fall würde die Anziehungskraft der Erde die Bahn des Asteroiden so verändern, dass er auf den Tag genau sieben Jahre später - am 13. April 2036 - mit der Erde kollidiert.

 








Ein Peilsender oder ein Spiegel auf der Oberfläche von "Apophis" würde eine viel präzisere Vermessung seiner Flugbahn ermöglichen. Auf diese Weise könne man ausschließen, dass der Asteroid im Jahr 2036 zu einer Gefahr wird - oder aber eine Rettungsmission starten, falls "Apophis" tatsächlich auf Kollisionskurs mit der Erde sein sollte.

Vor allem wüsste man dann früh genug, woran man wäre. Zeit ist einer der wichtigsten Faktoren, wenn ein Asteroid nennenswert vom Kurs abgebracht werden soll: Die technischen Möglichkeiten, auch die des Jahres 2036, dürften kaum ausreichen, die Flugbahn eines größeren Asteroiden dramatisch zu verändern. Die einzige Möglichkeit besteht darin, dem Brocken viele Jahre vor der gefährlichen Annäherung einen kleinen Schubs zu geben. Entsprechend frühzeitig müsste eine solche Mission geplant werden.

Filigranes Ablenkungsmanöver

Das Praktische an "99942 Apophis" ist, dass man ihn nicht von einem direkten Treffer auf der Erde (Durchmesser: 12.750 Kilometer), sondern nur vom Durchfliegen des Gravitations-Schlüssellochs (Durchmesser: 600 Meter) abbringen muss. "Unsere Analysen zeigen, dass sich die Position von '99942 Apophis' um 25 Kilometer verschieben würde, wenn man drei Jahre zuvor seine Fluggeschwindigkeit um einen Zehntelmillimeter pro Sekunde verändern würde", sagte Don Yeomans, Manager des Near-Earth Object Program der Nasa. "Das würde den Asteroiden aus dem Schlüsselloch herausbefördern."

Lediglich ein etwa 1000 Kilogramm schweres Geschoss müsse man dafür auf den Asteroiden fallen lassen. Die notwendige Technologie existiert bereits: Die "Deep Impact"-Sonde und ihr Projektil, das im Juli 2005 auf dem Kometen "Tempel 1" einschlug, brachten laut Yeomans gemeinsam mehr als eine Tonne auf die Waage.

Und das alles, um ein Risiko von 1 zu 45.000 auszuschalten? "Manche Menschen tun sich schwer mit Risiken großer oder kleiner Wahrscheinlichkeit", sagte Michael DeKay, der an der Carnegie Mellon University über Risikowahrnehmung forscht, dem Magazin "Popular Mechanics". Während die einen der Meinung seien, eine so geringe Gefahr könne ignoriert werden, glaubten andere, dass angesichts der dramatischen Folgen eines Asteroiden-Einschlags selbst ein winziges Risiko nicht akzeptabel ist.

Letztere Meinung scheinen auch Organisationen zu vertreten, die der Panikmache ansonsten eher unverdächtig sind. Die europäische Raumfahrtbehörde Esa etwa hat mit "Don Quichotte" bereits eine Anti-Asteroiden-Mission entworfen, die an die "Deep Impact"-Sonde der Nasa erinnert. Die International Astronomical Union hat im Sommer eigens eine Task Force für die Suche nach potentiell gefährlichen Asteroiden gegründet - und rechnet mit beunruhigend vielen Funden.

Am 27. Dezember 2004 stieg die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags auf der Erde auf 2,7 Prozent. "Apophis" erreichte auf der zehnstufigen Torino-Skala die Stufe vier - so viel wie kein Objekt zuvor. Wenig später aber führten weitere Daten wieder zur Entwarnung.

Aus diesem Grund hält Bruce Betts von der Planetary Society präzisere Messungen mit Hilfe einer Markierung von "Apophis" für wichtig. "Wie genau dies gemacht werden könnte, ist derzeit nicht bekannt", sagte Betts in San Francisco.